Institut für Italienische Philologie
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Paragone Now!

Der 'effet de réel im Wettstreit der Künste'

19.11.2010 19:00 Uhr – 23:00 Uhr

Paragone Now! Podiumsdiskussion, Performance und Ausstellung

Wie klingt Realität? Wie wird sie Bild, wie wird sie Text, (wie) ist sie Kunst?

Paragone Now! lädt Künstler unterschiedlicher Disziplinen ein, mit Wissenschaftlern der LMU über das Verhältnis zwischen Kunst und Realität zu diskutieren. Die Veranstaltung wird den schon in der Renaissance geführten Wettstreit der Künste (Paragone) reaktivieren. Jede Kunstform, jedes Kunstwerk und jeder Künstler sieht und vermittelt 'die Realität' auf unterschiedliche Art und Weise. Und genauso sehen, verstehen und erwarten auch wir als Betrachter individuell und kulturell unterschiedliche 'Realitäten' in  den verschiedenen Künsten. Gemeinsam mit Künstlern und Wissenschaftlern wollen wir deshalb über ihre Blicke auf 'Realität' streiten und nicht zuletzt: diese Blicke in ihren Werken nachvollziehen.

Für die Diskussion wurden sowohl aufstrebende junge als auch bereits sehr renommierte Künstler und Wissenschaftler ausgewählt, deren Positionen zum Status des 'Realen' in der Kunst auf Grund konzeptioneller oder disziplinärer Unterschiede weit auseinandergehen. Die Kölner Maler Oliver Jordan und Tobias Hantmann diskutieren mit dem klassischen Gitarristen Karl Epp (München/Weimar) und dem Münchner Autor Andreas Neumeister (Suhrkamp). Die renommierte Romanistin Prof. Dr. Barbara Vinken (München) moderiert das Gespräch. Umrahmt wird die Diskussion von einer Doppelausstellung der Künstler Oliver Jordan und Tobias Hantmann und Performances des Gitarristen Karl Epp sowie des Autors Andreas Neumeister.

Paragone Now! findet am Freitag, den 19.11.2010, ab 19:30 Uhr in der kleinen Aula der LMU München (Geschwister-Scholl-Platz 1) statt.

Der Eintritt ist frei (inkl. Buffet / Wein / DJ).

Reservierung möglich unter: info@paragonenow.com

Wir freuen uns über Ihr Kommen!

Organisation:

Isabel von Ehrlich, Institut für Italienische Philologie, LMU München
Telefon: +49 (0) 89/21 80-35 94
Daniela Kirschstein, Friedrich Schlegel Graduiertenschule; Freie Universität Berlin
Telefon: +49 (0) 89 / 78 79 45 98
Die Veranstaltung wird von der LMU München sowie vom Kulturreferat der Stadt München gefördert.
Paragone Now! ist eine öffentliche Abendveranstaltung im Rahmen der Roland Barthes-Tagung. (Institut für Italienische Philologie, LMU München)

Moderation und Künstler

Oliver Jordan, Köln: Portraits oder Landschaften

„Das Bild ist mit den Dingen vermählt und deren eigene Atmosphäre“ (O. Jordan)

Oliver Jordan malt, schon das ist im Spiegel der gegenwärtigen Kunstproduktion eine kleine Revolution, mehr noch: seine Bilder erzählen Geschichten. Jordans Malerei kann ganz zweifellos als ‚realistisch‘ betitelt werden, jedoch sind es kaum traditionelle Realismus-Versatzstücke, die im Betrachter ein Gefühl von Unmittelbarkeit der Dinge auslösen, sondern komplexere Realitätseffekte, die zwischen Abbild und Zerstörung des selben Abbildes, in der Dynamik und im Rhythmus des Schaffensprozesses selbst zu verorten sind. Es sind also, mit Barthes gesprochen, gerade die Umwege, Verzögerungen, Umschwünge und Finten, also Abbilder der gestaltenden Tätigkeit selbst, die wiederum dem dargestellten Subjekt Leben verleihen und somit Realität erzeugen. „Seine Malerei lässt die Fotografie hinter sich.“ schreibt Andreas Blühm.
http://www.oliverjordan.de

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Tobias Hantmann, Köln: Sets

Was ist ein Ding? (Wie) wird es ein Bild?

Die Spiegelungen auf der Unterseite von metallischen Kochtöpfen werden in der Arbeit von Tobias Hantmann zur Reflexionsfläche über Zugriffsmöglichkeiten küstlerischer Techniken auf ‚die Realität‘. Durch die immer anders arrangierte Beobachtung und Deutung des Spiegelphänomens zeigt und schafft Sets zweifelhafte Wirklichkeiten. Gleichzeitig entstehen abstrakte Bildstrukturen und es wird ein eigener malerischer Ausdruck gewonnen.Einzelne Gefäße wurden an der Bodenunterseite zuerst weiß grundiert und anschließend mit einer dünnen Schicht Ölfarbe bemalt. Diese Malerei imitiert und interpretiert die zuvor beobachtbare Spiegelung. Als statische Formulierung ersetzt sie das ursprüglich von der Umgebung abhängige und bewegliche Phänomen am Ort seiner Entstehung.
http://www.kunstaspekte.de/index.php?tid=17639&action=termin

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Karl Epp, Weimar: Carlo Domeniconi, op.19  Koyunbaba

Programm oder Autonomie - Programm als Autonomie?

Erst seit Beginn des 19. Jahrunderts erlangte die bis dahin eher als defizitär empfundene Instrumentalmusik ihren bis heute gültigen Status als 'eigentliche', als 'reine' Musik. Diese Aufwertung war verbunden mit einem radikalen Paradigmenwechsel: Der noch im 18. Jahrhundert selbstverständlich angenommene und erwartete Realitätsbezug von Musik verlor gegenüber der Vorstellung einer von jedem Abbildcharakter freien, autonomen, 'absoluten' Musik an Bedeutung.  Doch wie aussagekräftig ist diese Unterscheidung zwischen Programmmusik und absoluter Musik tatsächlich? Ist 'absolute Musik' tatsächlich frei von Realitätsbezügen? Und könnte andererseits der naiv angenommene Abbildcharakter programmatischer Musik seinerseits nicht viel eher im Sinne von Realitätseffekten verstanden werden? Wie lässt sich im Spannnungsfeld von Programm und Autonomie das Verhältnis von Realität und Musik, Musikschaffenden und Hörern, außermusikalischer Idee und absolutem ästhetischen Selbstzweck fassen? Karl Epp wird sich diesen Fragen im Wettstreit der Künste mit der Interpretation einer  zeitgenössischen, programmatisch konzipierten Komposition nähern.
http://www.tangologia.de

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Andreas Neumeister, München: Angela Davis löscht ihre Website

Realität als Medium. Text als Medium.

Gibt es 'die Realität' außerhalb ihrer medialen Repräsentation? Oder ist schon diese Frage nicht (mehr) richtig gestellt, längst nicht mehr stellbar? Medien nehmen gewaltsam Einfluss auf unser Bild von Wirklichkeit, Medien kreieren uns ein Bild gewaltsamer Wirklichkeit oder blenden es aus und: Medien sind (unsere) gewaltsame Wirklichkeit. „Vortäuschung falscher Tatsachen“ oder der „Vortäuschung richtiger Tatsachen“ - dieses Möglichkeitsspektrum, das uns Andreas Neumeister in Angela Davis löscht ihre Website zumutet, hat jede Hoffnung auf stabile Wirklichkeit längst hinter sich gelassen. Nicht mehr die Kunst schafft Wirklichkeitseffekte, die Wirklichkeit selbst erscheint nurmehr als Medieneffekt. Und doch gelingt es Neumeisters „Listen, Refrains, Abbildungen“  – uns diese unsere mediale Realität in ihrem paradoxen Verhältnis zu Möglichkeiten realer Erfahrungen von Gewalt, Repression und Krieg vorzuführen, ja vorzuhalten: „Die Vergeltung der Vergeltung der Vergeltung“  - ist sie (s)ein Text?
http://www.suhrkamp.de/autoren/andreas_neumeister_3475.html

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Barbara Vinken, München: Durchkreuzte Wirklichkeit

Ein Hohelied auf die Fiktion.

Mythen der Mutter, Gegenwärtigkeiten der Pornographie,  Wahrheiten des Stigmas, Wunden der Liebe, Fiktionen des Männlichen, Politiken der Geschlechter, Spuren der Körper, Rollenspiele der Mode oder Flauberts Passionen: Barbara Vinkens Denken und Schreiben umkreist kaleidoskopisch neuralgische Punkte unseres Lebens- und Kunstverständnisses und dekonstruiert dabei so konsequent wie unbeschwert überkommene Realismusvorstellungen und versteckte Biologismen, scheinbar Natürliches und  selbstverständlich Scheinendes. Im Wettstreit der Künste wird Barbara Vinken als Diskutantin und Moderatorin die Kreativität der Wissenschaft ausspielen.
http://www.barbaravinken.de